Warum Dauerwald?
1995 erarbeitete der Naturschutzbund Deutschland (NABU) sein Waldkonzept und bekennt sich seitdem zum waldbaulichen Betriebsmodell des Dauerwaldes (oder synonym „Dauermischwald“). Er befindet sich damit im Mainstream der naturnahen Waldbaubewegung in Deutschland insofern (vgl. auch die Bundesregierung in Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt, beschlossen vom Bundeskabinett am 7. Nov. 2007), als diese Betriebsform seit ca. 1880 (und verstärkt seit den 1990er Jahren) tatsächlich in großen Privatwäldern überaus erfolgreich angewandt wird. Sie hat nicht nur ihre betriebliche Praktikabilität, sondern auch ihre hohe Rentabilität, Stabilität und Holzmassenproduktivität sowie ihre überlegene Resilienz gegenüber biotischen und abiotischen Risiken im Vergleich zu allen anderen Betriebsformen auf großer Fläche erwiesen (unter „Resilienz“ ist die Fähigkeit eines Systems zu verstehen, Störungen zu verkraften und ihnen ohne gravierende Veränderungen der eigenen Leistungsfähigkeit elastisch zu begegnen.). Der Dauerwald ist nicht zuletzt deswegen das – seit ihrer Geburtsstunde – prägende Betriebsmodell der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW), die ihr Verbandsorgan unter dem Titel „Der Dauerwald“ verlegt.
Diese Forderung ist zukunftsfähig, da sie den Dauerwald als grundsätzliche waldbauliche Betriebsform in allen bewirtschafteten Wäldern proklamiert und weil sie die Aspekte der biologischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit mit der höchsten Rentabilität und Holzproduktivität verbindet und damit gleichzeitig eine Absage an einen wesentlichen oder sogar unverantwortlichen Nutzungsverzicht im Wirtschaftswald beinhaltet.
Aus einer auf die Naturschutzeffektivität fokussierten Sicht kann dem Dauerwald zwar angelastet werden, dass er durch seine hohe Holzproduktivität nach Masse und Qualität zu einer Totalnutzung des lebenden Baumbestandes führt und damit zum weitgehenden Wegfall der absterbenden Biomasse als ökologische Nische zahlloser Arten und ganzer Familien (Totholzbewohner u. -zersetzer). Es ist insofern auf die Bedeutung der Rentabilität in der Waldwirtschaft besonders hinzuweisen:
Nur rentable Waldbetriebsformen garantieren auf Dauer die auch von den Umweltverbänden geforderte Nachhaltigkeit bei der Nutzung unserer Wälder.
Überspitzt ausgedrückt: Nur rentable Betriebsformen sichern die vom Naturschutz gewünschte ökologische Waldnutzung aus dem sozialen Aspekt der Erwerbsfähigkeit seiner Eigentümer. Was aus dem Gesichtspunkt der biologischen Nachhaltigkeit dem Dauerwald fehlt (z.B. eine Belassung von ausreichenden Totholznischen) ist zum geringeren Teil ohne Nutzungsverzicht im Rahmen der Sozialbindung vom privaten Waldbesitzer kostenlos zu erbringen (ca.1-2 % der Bestandesmasse). Dieser Totholzverzicht ist vom Waldbesitzer regelmäßig ohne ertragswirksamen Nutzungsverzicht möglich.
Die darüber hinaus naturschutzfachlich notwendigen Totholzvorräte (bis zu 10 %) sind Aufgabe der Daseinsvorsorge des Staates, die dann auch von der gesamten Gesellschaft – und nicht allein vom Privatwaldbesitz – als Kostenträger zu schultern ist. Gleichwohl ist der Dauerwald auch hinsichtlich der Biodiversität sowohl dem Altersklassenwald als auch dem Plantagenwaldbau weit überlegen.
Gleichzeitig wird auch in Zukunft kein anderes waldbauliches Betriebsmodell bei voller Nutzungsfähigkeit nur annähernd seine Rentabilität erreichen können. In der Waldwirtschaft ist eine höhere Rentabilität, die nicht auf natürlicher Waldverjüngung und natürlichen Nährstoffkreisläufen beruht, angesichts der gravierenden Verzinsungsproblematik infolge der langen Produktionszeiträume ausgeschlossen. Kapitaleinsatz bedarf der Verzinsung, die Natur arbeitet aber prinzipiell kosten- und zinslos. Der Dauerwald konzentriert systembedingt seine Betreibskosten vor allem in einer aufwändigeren Holzernte, also unmittelbar zum Zeitpunkt der Vereinnahmung des Holzerlöses, er kann also seine Zinskosten vernachlässigen.